Plötzlich war er da. Aber warum? Er ist recht alleine, nirgendwo in der
Umgebung wurde eine andere Linie gezogen, ein Zebrastreifen nachgemalt, ein
Radweg gepinselt. Irgendwo muss also ein Mann eine einsame Entscheidung
getroffen und sich ein kleines spitzes Denkmal gegönnt haben. Aber was will
uns diese Malerei sagen? Ein knappes "Es geht voran"? Ein aufmunterndes "Das
Ziel ist vor Augen"? Tröstlich scheint es allemal, dass die in diesem
Bereich doch öde Fläche auf beiläufige Weise kunstvoll mit einem Symbol
verziert wurde, das uns klar und selbstlos Hilfestellung leistet. Die Straße
spricht mit uns, Linien und Bilder weisen uns den Weg, und vielleicht barg
die hier endende Längsschwelle das Risiko, die vorgesehene Spur zu
verlassen. Plötzliche Desorientierung? Die Gefahr zu erkennen und zu bannen
war für unseren tapferen Bemalungsplaner eins. Vielleicht ist die Sache aber
auch ganz anders, und die Straßenmarkierer hatten eines Morgens, am Heimweg
nach einer durchmalten Nacht, noch ein wenig Farbe übrig? Verschmitztes
Grinsen, als subversiv ein Pfeilchen angebracht wurde? Ein Blaumilchkanal in
Reflexionsweiss?
Harald A. Jahn
www.tramway.at